Josef Stump: Als
einer der bahnbrechenden Pioniere auf dem Schwyzerörgeli gilt noch heute der
«Stumpä Sebäli», wie er in seiner Heimat genannt wurde. Nur wenig ist bekannt
über den 1883 in Unterschönenbuch SZ geborenen Örgeler. Sein Vater, Melchior
Stump, war ein ausgezeichneter Alphorn- und Büchelbläser, der in der Gegend rund
um den Stoos wohlbekannt war und an den Wettspielen an Älplerfesten und
Sennenchilbenen stets den ersten Preis davontrug. Auch das Handorgelspiel habe
er meisterhaft verstanden, wird in seinem Nachruf
berichtet.
Josef Stump
wuchs also in einem sehr musikalischen Umfeld auf. Wie viel er jedoch von seinem
Vater gelernt hat, lässt sich nicht mehr feststellen. Auf jeden Fall muss er
früh mit Musik in Kontakt gekommen sein. Der Zeit seines Lebens ledig gebliebene
Stump zog ein ungebundenes Leben einem regelmässigen Einkommen vor. Er arbeitete
zunächst auf dem elterlichen Anwesen in Unterschönenbuch, zog im Sommer oft auf
den Stoos z’Alp, später handelte er mit Käse, Gemüse und Melchgeschirr und hielt
sich mit Gelegenheitsarbeit über Wasser. Zuletzt arbeitete er als Nachtwächter.
Im Jahr 1919 zog er mit den Eltern nach Steinen. Später liess er sich in
Oberschönenbuch, Hinteribach und das letzte Jahr seines Lebens in Niederrohrdorf
AG nieder. Es wurde erzählt, dass er in jungen Jahren als Knecht in Frankreich
war, aber das Heimweh habe in so geplagt, dass er nach zwei Monaten wieder in
den Talkessel bei Schwyz zurückgekehrt sei.
Seine Haupt- und
Lieblingsbeschäftigung war aber das Musizieren auf dem Schwyzerörgeli. Damit
verdiente er sich nicht nur Verpflegung und Unterkunft in Wirts- und
Bauernhäusern, sondern auch etwas Geld, indem er gegen bescheidene Bezahlung zum
Tanz aufspielte. Stump besass eine 18bässige Schwyzerorgel aus der Werkstatt von
Josef Nussbaumer, dessen Instrumente noch heute als die besten je gebauten
Schwyzerorgeln gelten.
Zwischen 1911 und 1914 erhielt
er durch den Vater des späteren Ländlerklarinettisten Hermann Lott, der
Feinmechaniker war und nebenbei mit Musikalien und Schallplatten handelte, die
Gelegenheit als «Schwyzer Handorgel Duett» zusammen mit Xaver Betschart in
Zürich 18 Titel auf Schallplatte aufzunehmen. Diese Titel wurden mit
zweichörigen Robert-Iten-Orgeln in D aufgenommen. Offenbar war die Nachfrage
nach Stumps Musik gross genug, so dass sich Lott auf das finanzielle Abenteuer
von Schallplattenproduktionen einliess. Zwischen 1919 und 1921 spielte er zudem
mit Balz Schmidig als «Berglerkapelle Balz Schmidig, Oberschönenbuch-Schwyz» 15
Titel ein – jene Aufnahmen, die noch heute als Meilenstein der
Ländlermusikgeschichte gelten. Josef Stump spielte in dieser Zeit oft auch mit
dem jungen, aufstrebenden Klarinettisten Kasi Geisser, der wohl einiges von
Stump gelernt und übernommen hat. So finden wir z.B. Stumps Ländler «Älplers
Feierabend» in einer etwas vereinfachten Fassung bei Kasi Geisser unter dem
Titel «Wenn ein Länder ertönt» wieder.
Es
war damals durchaus üblich, Melodien, Themen und Phrasen, die man gehört hatte,
zu übernehmen und eigene Stücke daraus zu entwickeln. Urheberschaft spielte noch
keine Rolle zu jener Zeit, auch in finanzieller Hinsicht. Es ging einfach darum,
sich ein Repertoire aus interessanten Stücken anzueignen. Stump und Geisser
sahen sich selber nicht als Komponisten oder Tonkünstler, sondern einfach als
Musikanten, die zu Tanz und Unterhaltung zur Freude der Zuhörerschaft
aufspielten und dabei mit ihrer Lieblingsbeschäftigung auch noch Geld verdienen
konnten. Die Frage, von wem ein Stück komponiert wurde, interessierte wenig in
einer Zeit, in der ein Stück nur existierte, wenn es jemand spielte – Noten
waren nicht in Gebrauch bei den Örgelern, da sie nach Gehör spielten, und auf
Schallplatte waren nur wenige Stücke vorhanden. Von Bedeutung war also viel
mehr, wer ein Stück spielte oder spielen konnte, denn damit wurde es automatisch
eins von seinen, unabhängig davon, ob er es selber erfunden oder irgendwo gehört
hatte. Meistens waren die Stücke, wie in der Volksmusik üblich, sowieso eine
Mischung aus eigenem Erfinden und Übernehmen von bekannten
Motiven.
Wir
können Stumps Einfluss auf die Entwicklung der Ländlermusik nicht hoch genug
einschätzen: Er geht weit über das Schwyzerörgeli und die Innerschweiz hinaus.
Stump schuf – nicht als einziger, aber wohl als der bedeutendste – eine neue Art
von ländlicher Tanzmusik, die zwar auf Spielweisen und Material des 19.
Jahrhunderts beruhte, aber durch das neue Instrument einen ganz neuen Charakter
erhielt. Wie weit sein Schaffen gewirkt hat, belegen auch die Aussagen der
Gebrüder Born aus Basel, die als Handorgelduett und als Ländlerkapelle zu den
erfolgreichsten Formationen der 1930er Jahre gehörten. Für sie war Josef Stump
ein prägendes Vorbild in ihrer Entwicklung. Dank der Schallplatte hatte sich
Stumps Musik also auch ausserhalb der Innerschweiz Gehör verschaffen
können.
Balz Schmidig: Der
«Enzener Balz» wuchs in Oberschönenbuch bei Schwyz auf. Er war der Sohn einer
grossen Bauernfamilie und übernahm schliesslich den Hof Änglez in
Oberschönenbuch. Balz war offenbar ein heller Kopf, der, obwohl er kaum
Schulbildung genossen hatte, über erstaunliche Geographiekenntnisse verfügte und
die beste Rekrutenprüfung seines Jahrgangs abgelegt hatte. Auch wird er als
humorvoller Unterhalter beschrieben, mit dem es nie langweilig wurde. Bereits um
1916 machte er seine ersten Schallplattenaufnahmen mit dem «Ländlertrio Schwyz»
zusammen mit Franz-Anton Inderbitzin genannt Gigler-Lutsch (Geige) und Mathias
Iten (Klavier). Allerdings sind seine Fertigkeiten auf der Orgel bei diesen
Aufnahmen noch nicht voll ausgereift. Seine grössten Erfolge als
Schwyzerorgelspieler hatte er in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg im Duett
mit Josef Stump, mit dem er die erwähnten 15 Titel aufnahm und oft zusammen zum
Tanz aufspielte.
Nach
Stumps Tod spielte Schmidig mit verschiedenen anderen Musikanten, mit dem
Klarinettisten Karl Mösch aus Zürich, dem «Echo vom Fronalpstock», dem
Handörgeler Josef Tonazzi aus Unterschönenbuch, mit dem er 1934 vier Tänze
aufnahm und schliesslich auch mit Martin Nauer aus Schwyz, mit dem er 1945 mit
Josef Wiget am Bass nochmals 14 Stücke aufnahm. 1947 erlag er, erst 53 jährig
einem heimtückischen Magenleiden, das erfolglos operiert worden
war.
78 upm Schellack-Platten | ||||
Titel | Plattenlabel | Bestellnummer | Matritzennummer | Jahrgang |
Schwyzer Handorgel Duett Josef Stump - Xaver Betschart |
||||
Gersauer Mazurka Echo vom Mythen |
Odeon | 308 789 308 790 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Rossberger Ländler Yberger Buebe |
Odeon | 308 791 308 792 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Holzschuhtanz Muotathaler / Wien bleibt Wien |
Odeon | 308 793 308 794 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Rigi-Rosen Einsiedler Meiteli |
Odeon | 308 795 308 796 |
xBe 777 xBe 786 |
ca 1911-14 |
Gruss an die March Chilbiläbe |
Odeon | 308 797 308 798 |
xBe 778 xBe 781 |
ca 1911-14 |
En Hoselupf Zogä-Buäbä |
Odeon | 308 799 308 800 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Schwyzermuet Landamme's Freude |
Odeon | 308 801 308 802 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Auf Etzels Höhen Vreneli |
Odeon | 308 803 308 804 |
??? ??? |
ca 1911-14 |
Tanzbödeler Älplers Lust |
Odeon | 308 805 308 806 |
xBe 785 xBe 788 |
ca 1911-14 |
Ländlertrio Schwyz Melchior Julius Inderbitzin, Geige / Balz Schmidig, Handharmonika / Mathias Iten, Klavier |
||||
Echo von der Holzegg Eisblümchen-Mazurka |
Artiphon | 807 808 |
- - |
ca 1916-20 |
Jägermarsch Tessiner-Marsch |
Artiphon | 812 817 |
- - |
ca 1916-20 |
Da Balzwerni Im schönen Mai |
Artiphon | 813 814 |
- - |
ca 1916-20 |
Walzer vom Mythen Schwyzer Chilbi-Ländler Dr Schönebüechler Urner-Schottisch Chüerbuebä-Schottisch I Hämmlisärmel |
Artiphon | ??? ??? ??? ??? ??? ??? |
- - - - - - |
ca 1916-20 |
Berglerkapelle Balz Schmidig, Oberschönenbuch-Schwyz Josef Stump - Balz Schmidig |
||||
Marsch der Roten Grenadiere Ibacher Waldhüttli-Marsch |
Odeon | 10 398 A 10 398 B |
G 1611 G 1602 |
ca 1919-21 |
Ibacher Waldhüttli-Marsch Muotathaler Marsch |
Odeon | 311 799 312 222 |
G 1602 G ??? |
ca 1919-21 |
Schwyzers Heimweh Mis liebs Dörfli |
Odeon | 311 807 312 229 |
G 1609 G 1610 |
ca 1919-21 |
Jodler-Polka Huserstock-Polka |
Odeon | 311 819 312 225 |
G 1612 G 1604 |
ca 1919-21 |
Waldstätter-Schottisch Geissler-Schottisch |
Odeon | 311 839 312 228 |
G 1613 G 1607 |
ca 1919-21 |
s Nägelisgrätli Mys Härzensbengeli |
Odeon | 311 840 312 232 |
G 1615 G 1617 |
ca 1919-21 |
Auf der Frohnalp Auf dem Mythen |
Odeon | 312 223 312 224 |
G ??? G 1608 |
ca 1919-21 |
Im Alpstübli Fräfler-Ländler |
Odeon | 312 226 312 227 |
G 1605 G 1606 |
ca 1919-21 |
Handorgelduett Balz Schmidig & Josef Tonazzi | ||||
Lui in Form Erinnerungen an Josef Stump |
Gloria | GO 28 152 | G 3419 G 3421 |
ca 1934/38 |
Suber fertig Schön stah blibe |
Gloria | GO 28 153 | G 3420 G 3422 |
ca 1934/38 |
Harmonika-Duo Nauer-Schmidig Martin Nauer + Balz Schmidig, Handharmonika / Josef Wiget, Bass |
||||
Domini wird übermütig Gruss aus Morschach |
Elite Record | 2142 | 3384 3389 |
1945 |
Flühblüemli Ländler Mier trinkid nu eine |
Elite Record | 2143 | 3385 3390 |
1945 |
Aelplers Feierabend Die Alte Händ ä |
Elite Record | 2144 | 3386 3393 |
1945 |
Frühlingszauber Eisblümchen |
Elite Record | 2145 | 3387 3394 |
1945 |
Heimweh Abendfrieden |
Elite Record | 2146 | 3380 3395 |
1945 |
Die Wacht am Gotthard Gruss aus Schönenbuch |
Elite Record | 2147 | 3391 3392 |
1945 |
Rittersporn Hellblau |
Elite Record | 2148 | 3396 3397 |
1945 |
Discographie erhalten von Alois Lüönd jun. im November 2009. |